Die Geschichte des Rubik’s Cube Zauberwürfels

Von am Jun 30, 2020 in Wissenswertes

Im englischen Sprachraum wird der Zauberwürfel als Rubik’s Cube bezeichnet, manche sagen einfach nur Rubiks Würfel dazu. Es handelt sich dabei um ein dreidimensionales Drehpuzzle. Wer hat’s erfunden? Sein Name ist Ernő Rubik. Der ungarische Bauingenieur und Architekt hat Rubiks Würfel im Jahre 1974 auf den Markt gebracht. Sechs Jahre später wurde Rubik’s Cube mit dem Sonderpreis „Bestes Solitärspiel“ als Spiel des Jahres 1980 ausgezeichnet.

Wer den Rubik’s Cube zum ersten Mal in der Hand hält, fragt sich erst einmal: „Wie löst man das?“ Denn das Ziel besteht ja darin, den Würfel in seine Ausgangsstellung zurückzubringen, nachdem alle Seiten mehrfach in eine beliebige Stellung verdreht wurden. Doch bald befassten sich immer mehr „Spezialisten“ mit der Lösung der Aufgabe und entwickelten interessante Strategien, um die Rücktransformation sogar sehr schnell lösen zu können.

 

 

Kurze technische Beschreibung des Rubik’s Cube

Der Zauberwürfel besteht aus 26 Unterwürfeln. Die sechs Mittelsteine jeweils in der Mitte jeder Würfelfläche sitzen dem Achsenkreuz in der Würfelmitte auf. Es ist also jeweils die Farbe des Mittelsteins, die dafür maßgebend ist, welche anderen Steine zu dieser Seite gehören. Sogar die Orientierungen der anderen Steine sind dadurch festgelegt. An den acht Ecken des Würfels grenzen jeweils drei Seiten mit drei Farben an. Kantensteine gibt es zwölf an der Zahl. Jeder von ihnen muss farblich auf zwei Seitenflächen abgestimmt werden.

 

Kommen wir nun zur Geschichte von Rubik’s Cube

Ausgangspunkt war das schlechte räumliche Vorstellungsvermögen seiner Studenten, erläuterte der Erfinder einst während einer Ausstrahlung von „Der große Preis“. Aber räumliches Denkvermögen lässt sich trainieren, wusste Rubik, nur wie tut man dies am besten? Gewiss eignet sich ein dreidimensionales Geduldsspiel dazu und schon war Rubik’s Cube „geboren“. Geholfen hat ihm dabei ganz bestimmt sein großes Interessen an Bildhauerei und Gestaltung, denn fantasievolle Holzfiguren waren schon immer sein Steckenpferd gewesen.

Im Jahre 1974 baute Rubik seinen ersten Zauberwürfel aus insgesamt 27 kleinen Holzblöcken. Zunächst versuchte er, die Bewegungen der Elemente mit elastischen Bändern umzusetzen, aber diese rissen doch zu leicht durch. Nun war sein scharfer Verstand gefordert, der ihn nicht im Stich lassen sollte. Er entschied sich für einen anderen Prototypen mit einem festen Mittelstück, das aus drei kurzen Achsen bestehen sollte, die alle rechtwinklig zueinander angeordnet sind. Das Kernstück musste so konstruiert sein, dass sowohl die Kantensteine als auch die Ecksteine über das Würfelzentrum zu verschieben waren.

Der letzte Schritt war einfach, denn die Seiten der Elementarwürfel mussten nun nur noch sauber und geschickt mit farbigen Papierschnipsel beklebt werden und fertig war das Lehrmittel für die Studenten. Als Rubik nach den ersten Drehversuchen wieder den ursprünglichen Zustand herstellen wollte, kam er erst einmal an seine intellektuellen Grenzen. Später äußerte er sich über diesen Moment in etwa so:

„Es schien mir wie ein Geheimcode zu sein, den ich da zwar gerade selbst erfunden hatte, doch zum Entschlüsseln fehlte mir die zündende Idee.“

Nach etlichen Versuchen gelang ihm dann aber doch die Rücktransformation, was für ihn mit einem angenehmen Gefühl von Freiheit verbunden war. In diesem Moment begriff er sogleich, dass sein bunter Würfel viel mehr ist als lediglich ein Lehrmittel, Grund genug, darauf ein Patent anzumelden.

Tatsächlich erhielt Rubik am 28. Oktober 1976 für seinen Würfel ein ungarisches Patent mit der Nummer 170062 und schon im Dezember 1977 sollte die würfelförmige Eroberung der „kapitalistischen Welt“ beginnen. Zu dieser Zeit wurde nämlich ein Exemplar an das Unternehmen Pentangle in Großbritannien gesandt. In der weisen Erkenntnis, welches wirtschaftliche Potenzial in dem bunten Würfel steckte, erwarb diese Firma flugs eine Lizenz zu dessen Vertrieb in Großbritannien.

Im Jahre 1979 vergab die ungarische Regierung die weltweiten Verkaufsrechte allerdings an „Ideal Toy Corporation“, dem US-amerikanischen Hersteller, der in Europa unter dem Namen „Arxon“ bekannt ist. Ideal Toy Corporation versuchte den Konflikt so zu lösen, dass Pentangle der Verkauf an Geschenkeläden, nicht aber an Spielzeuggeschäfte erlaubt wurde.

Gehen wir in der Zeit aber noch einmal ein paar Jahre rückwärts. Zu Anfang waren in der Tat die Wissenschaftler von Rubik’s Cube begeistert. Gern erinnert man sich an jenen denkwürdigen internationalen Mathematiker-Kongress in Helsinki, bei dem gestandene Professoren stundenlang mit diesem Würfel spielten. Im Jahre 1979 wurde Rubik’s Cube dann auf der Nürnberger Spielwarenmesse vorgestellt und im Juni 1980 konnte ihn jeder auch in der Bundesrepublik Deutschland (damals noch Westdeutschland und West-Berlin) kaufen.

Seinen Verkaufshöhepunkt erreichte der Würfel im Jahre 1981. Ideal Toy Corporation kam mit der Produktion einfach nicht mehr hinterher, was schließlich gar nicht mehr nötig war, überschwemmten doch inzwischen fernöstliche Billigprodukte die Märkte. Allein bis zum Höhepunkt des Verkaufsschlagers waren schon ungefähr 160 Millionen Würfel über die Ladentische gegangen. Aber wer hoch steigt, kann bekanntlich auch tief fallen. Zu Beginn des Jahres 1982 brach die Nachfrage regelrecht ein, was übrigens sogleich viele andere Geduldsspiele mit in den Abgrund riss.

Natürlich gab es schon vor Ernő Rubik schlaue Menschen, die sich mit ähnlichen Herausforderungen beschäftigt haben. Der Chemiker Larry Nichols bastelte bereits 1957 einen recht ähnlichen Würfel aus 2×2×2 Elementen, die von Magneten zusammengehalten wurden. Auch er ließ seinerzeit seinen Entwurf im Jahre 1972 patentieren. Wie kaum anders zu erwarten, führte dies zu einer Patentklage gegen jenes Unternehmen, das Rubik’s Cube in den USA vertrieb, die Nichols 1984 zunächst gewann. Doch schon zwei Jahre später wurde das Urteil zumindest teilweise aufgehoben.

 

Analog ist out – digital ist in

Nichts bleibt vor der digitalen Revolution verschont, auch nicht so ein kleiner, bunter Würfel. Auf der CeBIT des Jahres 2009 wurde erstmalig eine digitale Würfelvariante mit Leuchtdioden und Touchfeldern vorgestellt.

 

Der Zauberwürfel verlangt nach Lösungsstrategien

Alles, was programmiert werden kann, wird programmiert, immerhin ist die Aufgabenstellung ganz klar: mit einer minimalen Anzahl von Drehungen und Verschiebungen die Ausgangsposition homogen-farbiger Würfelflächen wiederherzustellen. Gerade ein Computer sollte doch dazu in der Lage sein, das, was zuvor mit umfänglichen Stellungstabellen theoretisch durchgespielt wurde, im Nu zum Ergebnis zu führen.

Eine häufig angewendete Variante, um die drei Würfelebenen nacheinander zu ordnen, ist die „Layer-by-Layer“-Methode. Eine sehr ähnliche Lösung hatte der Spiegel bereits in seinem Heft Nummer 4/1981 veröffentlicht. Wer es ganz besonders eilig hatte, schloss sich der Bewegung des Speedcubing an. Auf diesem Feld haben sich Jessica Fridrich und Lars Petrus ihre Namen verewigt.

 

Grafische Notation

Es gibt etliche Lösungsanleitungen auf der Grundlage von grafischen Notationen. Da seien zum Beispiel dreidimensionale Würfeldarstellungen und die 3×3-Ansicht der Vorderseite einschließlich Pfeilkennzeichnungen zu nennen, denen die erforderlichen Drehungen und Verschiebungen in Einzelschritten zu entnehmen sind. Es ist in diesem Zuge aber immer schwer, auch die gleichzeitig auszuführenden Operationen in der hinteren Würfelebene darzustellen. Zu diesem Zweck muss zum Beispiel die obere Seite grafisch abgewickelt werden.

 

Die schnelle Lösung

Die meisten Aufgaben können von geübten Spielern in weniger als 20 Zügen gelöst werden. Es gibt aber einige wenige Ausgangssituationen, die sogar mehr als 26 Züge auch von den erfahrensten Würfelspezialisten erfordern. Dazu gehört zum Beispiel der Superflip. Wer tatsächlich ausgehend von einer ganz beliebigen Stellung den absolut kürzesten Weg in die Grundstellung findet, wendet „God’s Algorithm“ an. Die Bezeichnung stammt von John Conway, einem englischen Gruppentheoretiker, möglicherweise auch von einem seiner Cambridger Kollegen.

Um die Bewegungen des Würfels zu zählen, gibt es zwei Möglichkeiten: Jede Vierteldrehung (±90 Grad) und jede Halbdrehung (180 Grad) einer Seitenfläche wird als ein Einzelzug bewertet. Den ersten programmierbaren Algorithmus für die optimale Lösung erstellte Richard E. Korf im Jahre 1997. Er zeigte zugleich auf, dass die optimale Lösung im Durchschnitt mit 18 Zügen, einschließlich der halben Drehungen, erreichbar ist. Er war fest davon überzeugt, dass prinzipiell nicht mehr als 20 Züge notwendig sind, was er aber nicht beweisen konnte. Schon fünf Jahre früher hatte Dik T. Winter den berühmten, besonders schwierigen Superflip mit genau 20 Zügen gefunden. Drei Jahre später (1995) erbrachte Michael Reid den Beweis dafür, dass 20 Bewegungen tatsächlich die minimale Anzahl von Zügen zur Lösung des Superflips ist.

Der Informatiker Tomas Rokicki (USA) betrieb im März des Jahres 2008 einen irren Rechenaufwand, um zu zeigen, dass man grundsätzlich mit maximal 25 Zügen den Rubik’s Cube aus jeglicher Stellung in die Ausgangslage zurückbringen kann. Dieses Ergebnis revidierte er aber schon im August desselben Jahres, weil ihm der Software-Ingenieur John Welborn, der damals bei Sony Pictures tätig war, dabei half, nachzuweisen, dass sogar nur 22 Aktionen nötig sind.

Damit aber nicht genug. Erneut setzten sich die großen Spezialisten Tomas Rokicki, Herbert Kociemba, Morley Davidson und John Dethridge zusammen und bewiesen im Sommer des Jahres 2010 ihre schon lange gehegte Vermutung, dass grundsätzlich nie mehr als 20 Bewegungen notwendig sind, um den Würfel wieder zu ordnen. Dabei wurden immerhin zwölf Millionen Stellungen gefunden, die auf keinen Fall in weniger als 20 Zügen zu knacken sind. Man vermutet, dass es wahrscheinlich sogar 490 Millionen solcher „hartnäckigen“ Stellungen gibt.

 

Speedcubing

Wer das Rätsel maximal schnell lösen will, sollte nicht unbedingt so viel über die Anzahl der Verdrehungen nachdenken, sondern einfach machen. Der „Speedcuber“ zeichnet sich dadurch aus, dass er jeden beliebig verdrehten Rubik’s Cube mit 45 bis 60 Bewegungen in die Ausgangslage zurückbringt. Speedcubing bedeutet vor allem schnelles Erkennen der Stellungen, das genaue Kennen sehr vieler Algorithmen, Vorausplanung und natürlich eine hohe Fingerfertigkeit. Zur Austragung von Landes- und Kontinental- sowie auch Weltmeisterschaften im Speedcubing wurde extra die World Cube Association (WCA) gegründet.

Die erste Weltmeisterschaft wurde am 13. März 1981 durch das Guinness-Buch der Rekorde in München veranstaltet. Alle Würfel waren unisono genau 40 Mal verdreht und zudem mit Vaseline eingerieben worden. Der Münchener Jury Fröschl war damals der Gewinner, er brauchte nur 38 Sekunden für den Job. Aber es geht ja immer noch besser. Aktuell liegt der Weltrekord für den 3×3×3-Würfel bei sage und schreibe nur 3,47 Sekunden. Aufgestellt hat diese super Leistung Yusheng Du während der Wuhu Open im Jahre 2018.