Unter Zauberkünstlern ist die Daumenspitze das wohl bekannteste und wichtigste Zauberrequisit. Bei korrekter Handhabung lassen sich damit wahre Wunder vollbringen.
Eine Daumenspitze (oder auch „Tuchdaumen“ genannt) ist lediglich ein künstlicher, hohler Daumen aus Kunststoff oder Metall (Metalldaumenspitzen sind allerdings schon etwas aus der Mode; aus fertigungstechnischen Gründen bestanden die Daumenspitzen früher oft aus Metall und heute sind diese nahezu immer aus Kunststoff). Diese Nachbildung eines Daumens ist i.d.R. Hautfarben und kann dadurch auf dem Daumen getragen werden, ohne dass dies dem Zuschauer auffällt. Dabei dient die Daumenspitze bzw. der Tuchdaumen dazu, im Inneren kleine Gegenstände zu verstauen, zum Beispiel Seidentücher, Zigarettenstummel oder auch Salz.
Mit ein klein wenig Technik kann man die genannten Gegenstände nach Belieben verschwinden und erscheinen lassen. Das Faszinierende daran ist, dass die Handhabung einer Daumenspitze nicht schwierig und somit schnell zu erlernen ist. Zugleich ist eine Daumenspitze auch noch recht preiswert und aufgrund der geringen Größe kann diese auch immer mitgeführt werden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Daumenspitze ein geniales Requisit mit unglaublichen Möglichkeiten ist. Genau aus diesem Grund basieren sehr viele Zaubertricks auf diesem Requisit – nahezu jeder Zauberkünstler arbeitet in irgendeiner Weise damit.
Doch leider ist die Daumenspitze auch allzu oft der Gegenstand vieler kontroverser Diskussionen unter Zauberkünstlern. Dabei wird oft über einen zu sorglosen Umgang mit dem Trickgeheimnis hinter der Daumenspitze gestritten. Viele Anfänger zeigen den Tuchtrick mit dem Tuchdaumen sehr unprofessionell – zu wenig Übung ist oftmals der Grund dafür. Das Trickgeheimnis wurde dabei schon viel zu oft gelüftet. Mittlerweile wissen viele zauberbegeisterte Zuschauer bereits ganz genau, was es mit der Daumenspitze auf sich hat. Vor ein paar Jahren war sogar eine Daumenspitze im Lieferumfang eines Comic-Heftes für Kinder enthalten.
Nun stellt sich natürlich die berechtige Frage, ob die Daumenspitze überhaupt noch geeignet ist um damit einen verblüffenden Zaubertrick zu zeigen. Und genau hier gehen die Meinungen weit auseinander. Wie auch zahlreiche Daumenspitzen-Profis bestätigten ist diese Sorge unbegründet, denn schließlich kommt es auch darauf an, wie der Zaubertrick präsentiert wird und wie ausgefeilt die Technik ist. Zwar kann sich jeder der die Daumenspitze kennt, genau vorstellen wie ein simples Tuchverschwinden funktioniert, aber bei mehrphasigen Tuchdurchdringungen und durch Missdirektion gesteigerten Tuchverschwinde-Routinen reicht die Phantasie eines Leinen i.d.R. nicht aus. Kurz gesagt ist es bei geschickter Vorführung durchaus möglich, jemanden der die Daumenspitze genau kennt, mit genau diesem Requisit zu verzaubern.
Abgesehen davon tut man zur heutigen Zeit sowieso meist gut daran, sich damit abzufinden, dass man bestimmte Geheimnisse einfach nicht für immer vor der Allgemeinheit bewahren kann. Für die Zauberkunst ist das zwar oft etwas ärgerlich, aber genau das ist es auch, was einen guten Zauberer von einem nicht so guten Zauberer unterscheidet – Stichwort „Anpassungsfähigkeit“ und „Improvisationstalent“.
Ein interessantes Beispiel ist hier z.B. eine Zaubershow eines sehr bekannten und vor allem sehr anerkannten Zauberprofis (… der in diesem Zusammenhang allerdings nicht genannt werden wollte). Dieser zeigte vor seinem Publikum die Daumenspitze und erklärte, wie es funktioniert, damit ein Tuch zum Verschwinden zu bringen. Nachdem das interessierte Publikum alles genau ansehen durfte, führte der Zauberkünstler mehrere Effekte mit der eben gezeigten Daumenspitze vor – und das auf eine so geschickte Art, dass die Zuschauer nicht mehr an die Daumenspitze glaubten. Man konnte förmlich sehen, dass die Zuschauer glaubten, mit der Erklärung über die Daumenspitze verladen worden zu sein. Keiner glaubte mehr daran, dass die eben gezeigte Daumenspitze wirklich die Lösung für die vorgeführten Zaubertricks war.